Die Zeitungen und die Medien insgesamt sind voller schlechter Nachrichten. Es ist das reinste Füllhorn von Katastrophen, Unglücken, Un- und Überfällen, Missetaten und anderen schlechten Neuigkeiten, das sich Tag für Tag über einen ergiesst1. Trotzdem bin ich der festen Überzeugung, dass sich die Welt stetig verbessert. Und die eigenen Überzeugungen bestimmen ja weitgehend, was man von der Welt wahrnimmt.2 So ist es nicht erstaunlich, dass ich immer wieder Belege für meine Überzeugung finde. Einen ganz starken Beleg habe ich im neuen Buch von Kevin Kelly gefunden3. Er findet fünf Bereiche, in denen er den Trend zum Besseren, den positiven Fortschritt, belegt:
1. Der seit langer Zeit kontinuierliche Anstieg der Lebensdauer, Gesundheit, des Wohlstandes und der Ausbildung eines durchschnittlichen Menschen.
Dieser Bereich ist ein offensichtliches Indiz für die stetige Verbesserung der Welt. Die Lebenserwartung wird von Generation zu Generation grösser, die Menschen sind immer gesünder, die Bildung steigt und auch der Wohlstand. Natürlich gibt es regionale Rückschläge wegen Krieg oder Naturkatastrophen, aber die Langzeit-Kurve steigt seit hunderten und tausenden von Jahren stetig und messbar.
2. Die Masse an offensichtlich positiver technologischer Entwicklung, die wir alle während unseres Lebens beobachten konnten und können.
Für diesen Punkt braucht es nicht viel Überzeugungsarbeit. Jeder von uns kann das beobachten, oder wer reitet noch auf einem Pferd und benutzt eine Schreibmaschine?
Der indische Ingenieur R.A. Mashelkar ist ein sehr schönes Beispiel für die technologische Entwicklung. In Indien brauche es, so stellt er fest, vor allem „more for less for more and more“ – mehr (Ertrag) für weniger (Geld) für mehr und mehr (Menschen). Er nennt das Gandhian Engineering:
more for less for more and more.4 Das bedeutet nichts anderes, als dass auch den vier Milliarden Indern, die mit weniger al 2 Dollar pro Tag auskommen müssen, Technologie das Leben zu verbessern vermag.
3. Auch die moralische Sphäre macht kleine, aber stetige Fortschritte.
Hier gestaltet sich die Messbarkeit schwierig. Aber vergleicht man beispielsweise das gegenwärtige Strafrecht mit dem des Mittelalters – oder auch mit dem Strafrecht eines weniger entwickelten Landes – so sieht man, dass da die moralische Grundlage entwickelt wurde.
4. Eine unüberschaubare Fülle von wissenschaftlicher Literatur zeigt die riesige Distanz auf, welche das Leben in den letzten vier Milliarden Jahren zurückgelegt hat von simplen Organismen bis zu komplexen und sozialen Tieren. Dies ist kein eigentlicher Beleg, aber eine starke Unterstützung der These.
Unsere Kultur hat also vor vier Milliarden Jahren begonnen!
5. Das fünfte Argument, dass der Fortschritt real ist, ist die rasant zunehmende Verstädterung.
Dieses Argument ist nicht auf den ersten Blick einsichtig. Fortschritt, so zeigt die Geschichte, hat immer in Städten stattgefunden. Immer dann, wenn viele Menschen an einem Ort zusammen kommen, dann entsteht etwas. Ideen vermehren und verändern sich. In der bekannten Vergangenheit haben immer zwischen einem und zwei Prozent der Bevölkerung in Städten gelebt. Diese Zahl ist in den letzten fünfzig Jahren explodiert und strebt gegen 100%. Dabei ist es unerheblich das alle Städte Slums haben, bzw. hatten (auch New York beispielsweise war im 19.Jh. von Slums umgeben). Slums sind wahre Innovationsmotoren. Die Leute haben Zugang zu den Ideen und müssen diese mit den einfachsten Mitteln umsetzen. Auch dazu liefert R.A. Mashelkar in seinem TED Talk schlagende Beweise.
Das Buch von Kevin Kelly ist also, wie diese kurze Zusammenfassung aus einem halben Kapitel davon zeugt, eine sehr inspirierende Lektüre – voller neuer Einsichten, aber mit der richtigen Portion Skepsis.
Alles ist gut und wird besser!
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- Das ist übrigens der Grund, warum ich keinen Fernseher habe und kaum noch Zeitungen lese. Doch dazu ein andermal mehr. ↩
- Diese so einfach hingeworfene Behauptung werde ich einem nächsten Post etwas ausführlicher darstellen. ↩
- Kevin Kelly, What Technology Wants
↩ - sein TED talk (in Englisch, aber deutsche Untertitel sind bestimmt bald verfügbar) ist absolut empfehlenswert! ↩